Und wieder einmal biegen wir auf die Zielgerade des Jahrlaufes ein und sehen vor uns schon die Ziellinie und das neue Jahr liegen. Kühler und kürzer werden die Tage, immer grösser wird das Verlangen nach gemütlicher Nestwärme, Kerzenschein und Geborgenheit.
Doch gerade Geborgenheit wird für mehr und mehr Menschen ein Fremdwort. Der selbstgemachte Stress während der Adventszeit wie auch gespielte Familienidylle tragen dazu bei, dass man sich fehl am Platz fühlt und die Weihnachtszeit einfach nur vorbei sein soll.
Doch warum bereits im Vorfeld einen moralisierenden Ton anschlagen? Ich persönlich geniesse es, mir Gedanken zu machen, was ich meinen Liebsten wohl schenken könnte und mich danach auf die Suche nach dem passenden Objekt zu begeben. Denn noch schöner als selber beschenkt zu werden ist doch, die Freude in den Augen der Beschenkten zu sehen. Und genau hier möchte ich einhaken.
Auch wir als Christen werden beschenkt. Unser Herzensglaube lässt uns das Geschenk der Gerechtigkeit empfangen – alle unsere Sünden sind uns vergeben. Ein grosses Geschenk nicht? Ob sich Gott wohl lange hat überlegen müssen, was er uns zu Weihnachten schenken wollte? Oder war für ihn bald klar: „Ich werde ihnen mein Sohn schenken“? Denn ihm waren wir, die Beschenkten, wichtiger wie das Geschenk.
Aber halt. Das Geschenk war ja Jesus Christus – sein Sohn! Ich bin noch kein Vater, aber ich liebe Kinder. Und meine beiden Neffen lassen mich ein Stückweit hinein schauen in die Welt des Vaterseins. Mir nun vorzustellen, mein Sohn wegzugeben, zu verschenken, ihn zu opfern nur weil andere Mist gebaut haben – das sprengt meine Vorstellungskraft. Und genau das hat Gott getan. Weil wir ihm den Rücken zu gewandt haben, hat er uns seinen Sohn geschenkt. Doch sein Sohn ist nach der Bibel mit ihm eins. Gott hat uns also sich selbst geschenkt.
Die Grösse dieser Tat zu beschreiben, würde dieses Gemeindeblatt sprengen und schlussendlich doch nur einen Funken beleuchten können. Vielmehr möchte ich zum überlegen anstossen. Wenn Gott uns sich selber geschenkt hat, wenn wir ihm wichtiger sind, als sein eigen Fleisch und Blut, wenn er uns damit das ewige Leben erst ermöglichte, was wäre dann, wenn wir dasselbe tun würden? Was wäre, wenn wir uns bewusst den Menschen in unserem Umfeld verschenken würden?
Man spricht von Weihnachten als dem Fest der Liebe – der wichtigste Wert der Bibel. Doch unsere Freunde zu lieben ist die eine Seite der Medaille. Als Christ sind wir dazu aufgefordert und durch Jesus ausgerüstet, auch unsere Feinde zu lieben. Lieben meint nicht unbegrenzt tolerieren, meint nicht, über Fehler hinwegzusehen. Lieben heisst, sich genau damit wirklich auseinander zu setzten.
Meine Eltern haben mir solche Liebe geschenkt. Sie haben sich mit meinen Übertretungen auseinander gesetzt und mir klar zu verstehen gegeben, wann ich zu weit ging. Trotzdem weiss ich, dass ihre Liebe immer grösser war als der Zorn über mein Vergehen. Wir Junge brauchen diese Liebe genauso wie auch jede Generation ihr bedarf. Warum nehmen wir also diese Adventszeit nicht neu zum Anlass, unsere Mitmenschen zu lieben, und dort wo wir können die Grenzen aufzuzeigen und die Übertretungen zu ahnden. Nicht den Kopf einziehen, sondern Grenzen mit Liebe beschützen.
So werden wir neu Geborgenheit erfahren und geben können. Denn Gott hat uns mit Jesus Christus nicht einen Freipass zum Sündigen gegeben, sondern sich mit uns auseinander gesetzt, eine Lösung gefunden und die Grenzen der Gebote mit Liebe bewahrt. Lasst uns unseren Mitmenschen, Freund und Feind, diese Liebe schenken und so Geborgenheit geben.